Doppelkupplungssysteme
Doppelkupplungssysteme nach Maß
Götz Rathke
Marco Grethel
Andreas Baumgartner
Karl-Ludwig Kimmig
Stefan Steinmetz
II. Produktportfolio nasse Doppelkupplungen
III. Produktportfolio trockene Doppelkupplungen
IV. Reibbeläge für Doppelkupplungen
Doppelkupplungsgetriebe haben sich in den letzten Jahren als fester Bestandteil im Automatikgetriebesektor etabliert. Sie erfüllen die hohen Anforderungen bezüglich Fahrspaß, Komfort und Effizienz. Auch im Zuge der Elektrifizierung bieten Doppelkupplungsgetriebe ein hohes Potential die CO₂-Werte weiter zu senken.
Mit wichtigen Getriebekomponenten wie den nassen und trockenen Doppelkupplungen und einem breiten Angebot an Aktoren hat sich Schaeffler in den vergangenen Jahren an der Marktspitze behauptet und produziert jährlich mehr als vier Millionen Doppelkupplungen weltweit.
Dabei deckt Schaeffler alle Fahrzeugsegmente vom Kleinwagen bis zum Supersportwagen oder SUV ab und entwickelt maßgeschneiderte Lösungen mit dem Ziel, Effizienz und Komfort im Powertrain weiter zu steigern.
Im ersten Teil dieses Beitrages werden die unterschiedlichen Ausführungen von Doppelkupplungen dargestellt. Schaeffler kann dadurch kundenspezifisch optimale Lösungen anbieten. In der Folge werden die neusten Entwicklungen bezüglich Reibbeläge vorgestellt. Mit dem serienreif entwickelten eigenen nassen Reibbelag ist Schaeffler nun in der Lage, ein nasses Doppelkupplungssystem mit allen Schlüsseltechnologien aus einer Hand anzubieten. Für die trockenen Anwendungen zeigt der Reibbelag B9000 Verbesserungen im Komfortbereich auf. Zum Abschluss wird auf die Getriebeaktoriksysteme hinsichtlich Effizienz, Regelbarkeit und Kosten eingegangen.
Nasse Doppelkupplung mit Betätigungslagern
Die in Bild 1 dargestellte Doppelkupplung ist radial geschachtelt und wird über Einrücklager betätigt. Diese Art der Betätigung macht ein zusätzliches Abstützlager erforderlich, das sich in diesem System auf der linken Seite gegen einen Deckel abstützt. Durch die Betätigung der Kupplung mit Hilfe von Lagern sind die Reibverluste im Vergleich zu hydraulischen Dreheinführungen für mitrotierende Zylinder minimiert. Die Kupplung hat hier keine interne Übersetzung und wird direkt betätigt, wodurch sich ein Bauraumvorteil gegenüber hebelbetätigten Kupplungen ergibt.
Bild 1 Halbschnittbild einer nassen Doppelkupplung mit Betätigungslagern
Nasse Doppelkupplung für Hebelaktoren
Bild 2 zeigt die nasse Doppelkupplung mit interner Übersetzung. Bei diesem Konstruktionsprinzip können die effizienten Einrücklager erhalten bleiben. Durch den kleineren Reibdurchmesser der inneren Teilkupplung sind normalerweise entweder mehr Reiblamellen oder eine erhöhte Betätigungskraft erforderlich. Um mit einer geringen Anzahl an Lamellen auszukommen, wird für die innere Kupplung eine Hebelübersetzung verwendet, um bei gleichen Betätigungskräften eine höhere Anpresskraft zu erzielen. Damit kann man die Momente auch ohne CO₂-Nachteile übertragen, trotz eines leichten axialen Bauraumnachteils. Auch hier wird die Betätigungskraft durch ein zusätzliches Lager abgestützt. In Kombination mit der Hebelaktorik stellt diese Kupplung eine interessante Lösung bezüglich Kosten und Effizienz dar.
Bild 2 Halbschnittbild einer nassen Doppelkupplung mit interner Übersetzung auf Teilkupplung 2
Nasse Doppelkupplung mit Drehdurchführungen
Diese Kupplungsvariante bietet sich vor allem für Anwendungen an, bei der eine hydraulische Getriebeaktuierung vorhanden ist, weshalb mit geringem Zusatzaufwand die Kupplungsbetätigung realisiert werden kann.
Bild 3 Halbschnittbild einer nassen Doppelkupplung mit Drehdurchführungen und mitrotierenden Zylindern
Trockene Doppelkupplungen mit Verschleißnachstellungen
Im Schaeffler Portfolio werden auch in Zukunft die trockenen Doppelkupplungen eine wichtige Rolle spielen. In der Drehmomentenklasse bis 280 Nm stellt diese Ausführungsvariante eine kostengünstige und aufgrund der verringerten Schleppmomente CO₂-optimale Lösung dar.
Dieses zeigen zwei in Produktion befindliche Kupplungen, die in Bild 4 dargestellt sind. Sie verfügen über Verschleißnachstellungen und werden in ihren bestehenden Anwendungen mittels Lager betätigt. Bezüglich ihrer thermischen Masse sind sie auf kleine und mittlere Fahrzeuggewichte ausgelegt.
Bild 4 Halbschnittbild zweier trockener Doppelkupplungen mit Verschleißnachstellung
Bild 5 Halbschnittbild einer trockenen Doppelkupplung ohne Verschleißnachstellung
Da diese Kupplungen nicht ölgekühlt sind, führen die Gussmassen, die für die thermische Kapazität der Kupplungen benötigt werden, zu höheren Trägheitsmomenten als die nassen Kupplungen, die gleichzeitig als Sekundärmasse des Torsionsdämpfungssystems dienen. Trotz leicht erhöhter Schleppmomente der abgedichteten fettgeschmierten Lager stellen die trockenen Doppelkupplungen in ihrem Anwendungsbereich eine kostengünstige und effiziente Alternative dar.
Durch den Verzicht auf eine Verschleißnachstellung und durch Minimierung der thermischen Masse, kann eine Variante für kleine Fahrzeuggewichte und niedrige Momente bis 150 Nm angeboten werden. Mit dieser Kupplung werden die Kundenwünsche für das Low-Cost-Segment bedient.
Eine Schlüsseltechnologie der Kupplung ist das tribologische System; bei einer nassen Kupplung bestehend aus den Stahllamellen, dem Öl und den Nasslauf-Reibbelägen. Schaeffler bietet eigene Beläge sowohl für trocken- als auch für nasslaufende Doppelkupplungssysteme an.
Die Serienerfahrungen mit nassen und trockenen Doppelkupplungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass Schaeffler seine Systeme mit einem eigenen Belag ausstatten kann, um als kompletter Systemlieferant unabhängig auftreten zu können. Somit kann Schaeffler die Funktion optimal auf die Bedürfnisse der Kundenanwendungen abstimmen. Der Schaeffler Belag ist serienrief entwickelt und die Serienanlagen zur Fertigung der Reiblamellen sind verfügbar. Der Herstellprozess ist für gewellte Reiblamellen entwickelt. Die Stahllamellen befinden sich bereits seit 2015 in Serie.
Das Reibsystem bietet dabei folgende Eigenschaften:
• eine gute Wärmeabfuhr
• niedriges Schleppmoment
• hoher statischer Reibbeiwert
• geringe Ungleichförmigkeiten bei den Drehmomenten
• positiver Reibwertgradient (µ-v) für dämpfendes Verhalten über Lebensdauer.
Bei der Entwicklung dieses einlagigen Nasslaufreibelages wurde ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der in Bild 6 zu sehen ist und der Materialentwicklung, Designentwicklung, Oberflächentechnik, Prozesswissen, Simulation, Versuch und Fertigungstechnik einbezieht. Nur durch die Bündelung des bei Schaeffler verfügbaren Know-hows konnte der nasse Reibbelag mit den erforderlichen Eigenschaften entwickelt werden.
Bild 6 Ganzheitlicher Ansatz bei der Entwicklung des nassen Schaeffler Reibbelags
Im Vergleich mit anderen, im Markt befindlichen Benchmark-Reibbelägen zeigt der nasse Schaeffler Reibbelag sowohl im Neuzustand als auch unter Lebensdauerbeanspruchung eine gute Performance, Bild 7. Die Reibwertcharakteristik des Schaefflerbelages ist mit dem Wettbewerb vergleichbar, weshalb er auch in bestehenden Kundenapplikationen zum Einsatz kommen kann.
Bild 7 Benchmark-Ergebnisse beim dynamischen Reibwert des nassen Schaeffler Reibbelags und eines Wettbewerbsprodukts (Neuzustand und nach Dauerlauf)
Neben dem bereits verfügbaren, einlagigen Material befindet sich auch ein zweilagigen Nasslaufreibmaterial in der Entwicklung, um auch anspruchsvollere Anwendungen abdecken zu können. Bild 8 vergleicht die beiden Materialansätze. Wie im rechten Teil zu sehen ist, besteht das zweilagigen Reibmaterial aus einer Trägerschicht, die im Bild als „Underlayer“ bezeichnet wird und einer im Reibkontakt befindlichen zweiten Schicht, hier als „Overlayer“ bezeichnet.
Bild 8 Der nasse Schaeffler Reibbelag als einlagige Ausführung (links) und der neue Entwicklungsansatz mit einem zweilagigen Nasslaufreibmaterial (rechts)
Indem die Eigenschaften der Trägerschicht und der Reibkontakt-Schicht passgenau aufeinander abgestimmt werden, lässt sich der Reibbelag dem geforderten Verhalten optimal anpassen. Auf diese Weise kann beispielsweise ein Vorteil gegenüber dem einlagigen Reibmaterial bei der Robustheit unter starken Beanspruchungen – wie etwa bei wiederholten Berganfahrten unter Volllast – erreicht werden. Wie in Bild 9 gezeigt, ist der Unterschied in einem etwas höheren Reibwertniveau und einem stabileren Reibwertgradienten auch nach 15.000 Berganfahrten unter Volllast zu erkennen.
Bild 9 Vergleich der dynamischen Reibwerte des einlagigen und des zweilagigen Schaeffler Reibbelags nach 15.000 Berganfahrten unter Volllast
Das zweilagige Nasslaufreibmaterial von Schaeffler befindet sich derzeit noch in der Entwicklung. Die Zusammensetzungen der Schichten und die notwendigen Prozesse sind aber bereits definiert. In den nächsten Entwicklungsschritten sollen die gewonnenen Erkenntnisse auf Serienanwendungen übertragen werden. Das zweilagige Design verspricht ein vorteilhaftes Kosten-Nutzen-Verhältnis bei einer klaren Steigerung der Performance für äußerst anspruchsvolle Anwendungen.
Der nasse Reibbelag ist ein gutes Beispiel dafür, wie Schaeffler sein Produktwissen um eine wesentliche Schlüsselkompetenz erweitert, um somit noch attraktivere Produkte als Systempartner seinen Kunden anbieten zu können.
Wie bei den nasslaufenden Doppelkupplungen ist das tribologische System auch in trockenen Kupplungen von entscheidender Bedeutung. In den letzten Jahren hat Schaeffler trockene Reibbeläge entwickelt, die im speziellen die Anforderungen an thermische Robustheit, Verfügbarkeit und Komfort der Doppelkupplungssysteme erfüllen. So stellen die Beläge RCF-1o und B8040 heute den weltweiten Benchmark dar.
Basierend auf der jahrelangen Felderfahrung und der Serienproduktion in jährlich millionenfacher Stückzahl hat Schaeffler eine neue Generation trocken laufender Beläge für automatisierte Anwendungen entwickelt. Wie bereits beim letzten Kolloquium 2014 angekündigt soll der B9000 in den Komfortdisziplinen weitere Verbesserungen bringen.
In Bild 10 ist die Dämpfung des tribologischen Systems des B9000 und des B8040 im Vergleich dargestellt.
Bild 10 Vergleichende Darstellung der Dämpfung des tribologischen Systems
In einer Vielzahl an Tests und mit Variation von Temperatur, Feuchte, Differenzdrehzahl und Lebensdauer wird die Dämpfung des tribologischen Systems auch über den Testverlauf bewertet. Auch gerade in den kritischen Fahrzuständen von 200 min-1 Schlupfdrehzahl stellt der in blau dargestellte B9000 gegenüber dem B8040 eine noch höhere Performance dar.
Auf dem Weg zum optimalen Doppelkupplungssystem spielt die Aktorik und deren Ansteuerung durch intelligente Softwaremodule eine wesentliche Rolle. In Bild 11 ist ein Teil der Aktoren von Schaeffler dargestellt, der sich bereits erfolgreich am Markt etabliert hat.
Nach einem kurzen Überblick über die Schaeffler Aktorsysteme werden diese im Systemkontext dargestellt. Auf dieser Basis werden Weiterentwicklungen im Vergleich zu Wettbewerbssystemen aufgezeigt.
Bild 11 Portfolio der Schaeffler-Aktoren: Hydrostatischer Kupplungsaktor, Hebelaktor und Getriebeaktor
Der hydrostatische Kupplungsaktor (Hydrostatic Clutch Actuator, HCA)
Der elektromechanische Hebelaktor
Der Hebelaktor (HA) ist bereits in Verbindung mit trocken laufenden Doppelkupplungen millionenfach in Serie und muss für nasse Anwendung lediglich für den Betrieb in Öl angepasst werden. Um die Betätigungskräfte an der Kupplung zu realisieren, wird ein federunterstützter Hebel eingesetzt. Der Hebelaktor stellt damit eine in die Kupplungsglocke integrierte Lösung dar, die Vorteile bezüglich Effizienz und Kosten bietet.
Der elektromechanische Getriebeaktor mit „Active Interlock“
Auch der bewährte elektromechanische Getriebeaktor hat sich in den letzten Jahren bezüglich Kosten und Funktion weiterentwickelt und wird in großen Stückzahlen in Serie produziert. Der Getriebeaktor wird durch zwei Elektromotoren angetrieben: einer für die Wähl-, der zweite für die Schaltrichtung. Durch diese Trennung können theoretisch beliebig viele Schaltschienen betätigt werden. Eine Betätigung der Parksperre ist so einfach integrierbar. Durch das sogenannte Active Interlock wird mechanisch verhindert, dass in einem Teilgetriebe ungewollt zwei Gänge gleichzeitig eingelegt sind und kann somit auf zusätzliche Sensorik verzichten. Durch die Verwendung von Kunststoffteilen an vielen Stellen, stellt er ein kostengünstiges Konzept dar.
Um technisch sinnvolle Systeme gegeneinander bewerten zu können, müssen unter anderem die Regelbarkeit und Effizienz betrachtet werden.
System Regelbarkeit
Neben den minimalen Verlusten bietet das System „Hydrostat“ auch Vorteile in der Ansteuerung. Für die Betätigung der Kupplung stehen sowohl der Betätigungsweg als auch der Betätigungsdruck als Regelgrößen zur Verfügung. Damit unterscheidet sich dieses System vor allem von den Wettbewerbssystemen, wo in der Regel nur der Druck als Regelgröße zur Verfügung steht.
In Bild 12 ist eine Kupplungssystemvermessung dargestellt. Im linken Diagramm ist das übertragene Kupplungsmoment über dem Betätigungsdruck dargestellt; im rechten über dem Betätigungsweg.
Bild 12 Drehmomentcharakteristik dichter Systeme unter Betrachtung der Regelbarkeit des Tastpunktes
Ein wichtiger Aspekt der Regelbarkeit ist die Genauigkeit, mit der der Tastpunkt angesteuert werden kann. Damit ist der Punkt gemeint, ab dem die Kupplung beginnt, Drehmoment zu übertragen. Wertet man den Tastpunkt, hier bei 10 Nm, bezüglich seiner Hysterese auf der Druck- und der Wegkennlinie aus, ergeben sich 13 Nm bzw. 2 Nm. Das heißt, die Weghysterese ist bedeutend geringer als die Druckhysterese.
Da bei einer Hydrostatischen Betätigung sowohl das Weg- als auch das Drucksignal zur Verfügung stehen kann, wie in Bild 13 gezeigt, der Tastpunkt aus nur diesen beiden Aktorsignalen ermittelt werden. Daraus ergibt sich ein großer Vorteil dieses Systems: Der Tastpunkt kann ohne Drehmomentübertragung der Kupplung auch online im Fahrzeug ermittelt werden. Zudem ist diese Tastpunktermittlung unabhängig von anderen Eingangsgrößen wie zum Beispiel dem Drehmomentsignal des Verbrennungsmotors. Aus diesen Gründen gewinnt diese Form der Tastpunktermittlung bei Stopp/Start-fähigen Systemen und bei der zunehmenden Elektrifizierung des Triebstranges an Bedeutung.
Bild 13 Ermittlung des Tastpunktes anhand der Druck-Weg-Kennlinie eines Doppelkupplungssystems
Bild 14 Fahrprofile und Lastkollektive weltweit, ermittelt im eigenen Fahrprofil und aufgeteilt nach Stadt, Autobahn, Landstraße und Berganfahrt (CUP - Customer Usage Profile)
Bild 15 Betrachtete Bauteile und deren Verlustleistungen
Welche Verluste an welchen Bauteilen berücksichtigt werden, ist in Bild 15 gezeigt.
Für den Vergleich der Systemverluste werden folgende am Markt befindliche Systeme verglichen:
• „Hydraulik“: nasse Doppelkupplung mit Drehdurchführungen, Betätigung der Kupplung und des Getriebes sowie Kühlung der Kupplung über eine moderne Hydraulik
• „Powerpack“: nasse Doppelkupplung mit Einrücklagern, Betätigung der Kupplung und des Getriebes sowie Kühlung der Kupplung über ein Powerpack
• „Hydrostat“: nasse Doppelkupplung mit Einrücklagern, Betätigung der Kupplung über einen hydrostatischen Aktor, Betätigung des Getriebes über einen elektromechanischen Getriebeaktor und Kühlung der Kupplung über eine elektrische Pumpe.
Das von Schaeffler favorisierte System „Hydrostat“ hat im Vergleich zu den Wettbewerbsprodukten die geringste Verlustleistung.
Für den realen Zyklus sind im Mittel 1.800 min-1 Motordrehzahl aus einem am Markt befindlichen Doppelkupplungsgetriebe mit dem Stand der Technik ermittelt worden. Die Drehzahlen im NEFZ liegen deutlich niedriger. Um den Zykluseinfluss darzustellen, werden deshalb zwei mittlere Drehzahlen verglichen: 1.000 min-1 und 1.800 min-1 Kurbelwellendrehzahl, Bild 16.
Bild 16 Verlustleistungen im Vergleich der Systeme „Hydrostat“, „Powerpack“ und „Hydraulik“ bei 1.000 min-1 und 1.800 min-1 mittlerer Drehzahl bezogen auf Kurbelwelle
Durch die Variation der Drehzahl werden die Schleppverluste der Kupplungsbetätigung wie folgt beeinflusst. Für Kupplungen, die über Einrücklager betätigt werden, wird von einem Schleppmoment von 0,25 Nm ausgegangen, für über Drehdurchführungen betätigte von 0,5 Nm, Bild 17. Dadurch verringert sich die Verlustleistung bei lagerbetätigten Kupplungen von 50 W auf 25 W und mit Drehdurchführungen von 95 W auf 50 W, wenn von 1.000 min-1 statt 1.800 min-1 ausgegangen wird.
Bild 17 Messungen Schleppverluste Einrücklager und Drehdurchführung
Die Leistungsaufnahme der Kupplungs- oder Getriebebetätigung ändert sich durch die Drehzahl nur bei Systemen, die ihre Betätigungsenergie von der Kurbelwelle beziehen, also bei einer mechanisch angetriebenen Pumpe. Dem Aktoriksystem „Hydraulik“ wird eine 8-cm³-Pumpe bei einem mittleren Druckniveau von 4 bar zugrunde gelegt. Dadurch verringert sich die Verlustleistung bei der genannten Drehzahländerung von 160 W auf 90 W.
Die Kühlung der Kupplung wird bei den hier betrachteten Systemen entweder über eine bedarfsgesteuerte elektrische Kühlölpumpe oder die zur Betätigung der Kupplung und des Getriebe vorhandene mechanisch angetriebene Pumpe realisiert. Im Falle der elektrischen Kühlölpumpe sind die zyklusrelevanten Verluste als von der Antriebsdrehzahl unabhängig angenommen. Da der Einfluss der Antriebsdrehzahl auf die mechanisch angetriebene Pumpe bereits berücksichtigt wird, fallen auch hier keine zusätzlichen Verluste an.
Vergleicht man die drei Benchmarksysteme „Hydraulik“, „Powerpack“ und „Hydrostat“, weist vor allem das System „Hydraulik“ eine große Sensitivität auf die Variation der Antriebsdrehzahl auf, Bild 18. Die Verluste im realen Fahrbetrieb von ca. 315 W im Vergleich zum synthetischen Zyklus von ca. 200 W liegen knapp 55 % höher. Im Gegensatz dazu streut die Verlustleistung des Systems „Hydrostat“ zyklusabhängig nur von 100 W bis 120 W.
Bild 18 Gegenüberstellung der Systeme
Komplettiert wird die aktuelle Marktsituation durch die trockenen Doppelkupplungssysteme:
• „Powerpack“: trockene Doppelkupplung mit Einrücklagern, Betätigung der Kupplung und des Getriebes über ein Powerpack
• „Elektromechanik“: trockene Doppelkupplung mit Einrücklagern, Betätigung der Kupplung über einen elektromechanischen Hebelaktor, Betätigung des Getriebes über einen elektromechanischen Getriebeaktor.
Sind die Randbedingungen für den Einsatz trockener Doppelkupplungen geschaffen, stellen diese Systeme eine kostengünstige und effiziente Alternative dar. Bei 1.000 min-1 weist das elektromechanische System eine Verlustleistung von lediglich 75 bis 90 W auf.
Durch den vermehrten Einsatz von nassen Doppelkupplungen und die zunehmende Elektrifizierung kommen weitere Anforderungen auf die Systeme zu:
• Kühlung von Kupplung, Getriebe, Elektromotor und Leistungselektronik
• zusätzliche Schaltelemente, zum Beispiel K0 oder Parksperre
• höhere Flexibilität bezüglich Positionierung und Bauraum der Aktorik
• erhöhte Effizienz und geringere Kosten.
Bild 18 stellt neben den vorgestellten Systemen zwei Optionen dar, die den gestiegenen Anforderungen gerecht werden. „Elektromechanik“: nasse Doppelkupplung mit Einrücklagern, Betätigung der Kupplung über einen elektromechanischen Hebelaktor, Betätigung des Getriebes über einen elektromechanischen Getriebeaktor und Kühlung der Kupplung über eine elektrische Pumpe.
Durch die Verwendung von in Serie bewährter Technologien wie dem Hebel- und Getriebeaktor lässt sich für nasse Doppelkupplungsgetriebe eine besonders kostengünstige aber auch effiziente Lösung darstellen.
Um der Anforderung höherer Flexibilität bei der Positionierung und der Möglichkeit zusätzliche Schaltelemente zu bedienen Rechnung zu tragen, steht folgendes Konzept zur Verfügung. „Hydraulik/Elektromechanik“: nasse Doppelkupplung mit Drehdurchführungen, Betätigung und Kühlung der Kupplung über eine mechanisch angetriebene Pumpe (4,5 cm³/U), die zur Kühlung von einer Saugstrahlpumpe unterstützt wird, und einer elektromechanischen Getriebebetätigung.
Bild 19 Saugstrahlpumpe inklusive Messung des Verstärkungsfaktors des Volumenstroms
Um die Pumpe klein und effizient zu halten, wird eine kostengünstige Saugstrahlpumpe eingesetzt, um den hohen Kühlölvolumenstrombedarf bereitzustellen.
Bei diesem Konzept ist vor allem die Lösung zur Kupplungskühlung hervorzuheben. Mittels einer Saugstrahlpumpe kann der Volumenstrom erhöht werden. Dadurch kann die energieerzeugende Pumpe kleiner ausgelegt werden.
Die von Schaeffler entwickelten Komponenten werden je nach Kundenanforderungen zu kostengünstigen und effizienten Systemen integriert, die auch bezüglich Regelbarkeit Vorteile bieten. Mit dem nassen Reibbelag hat Schaeffler sein Portfolio um eine Schlüsseltechnologie erweitert. Dadurch können Systemlösungen aus einer Hand angeboten werden, um den Kundenanforderungen noch besser nachzukommen.
Auch die neue Generation trockener Reibbeläge B9000 setzt höhere Maßstäbe vor allem im Komfortbereich, womit die Lücke zwischen trockenen und nassen Systemen weiter geschlossen wird. Der B9000 stellt sicherlich den weltweiten Benchmark dar.
Mit intelligenten Komponenten und Systemkompetenz ist Schaeffler der richtige Partner für die Entwicklung und Produktion von neuen Lösungen für moderne Triebstränge.
Wagt man den Ausblick in Richtung der zunehmenden Elektrifizierung muss das Aktoriksystem mit einer steigenden Anzahl von Verbrauchern umgehen können. Neben der hier dargestellten Lösung bietet sich eine hydraulische Power on Demand-Aktorik an. Diese PoD-Hydraulik und clevere Dreifach-Kupplungsarrangements werden in den entsprechenden Kapiteln behandelt.
Quellenangaben
[4] RDE (Real Driving Emissions) gemäß den EU-Verordnungen 2016/427 und 2016/646
[5] Vortragsreihe in: CTI Symposium. 15. Internationaler Kongress und Expo, Berlin, 2016
[6] Müller, B.; Rathke, G.; Grethel, M.; Man, L.: Getriebeaktorik. Weniger Komplexität, mehr Funktionalität. 10. Schaeffler Kolloquium, Baden-Baden, 2014
[7] Müller, B.: Efficient Components For Efficient Transmissions. CTI Symposium, 13. Internationaler Kongress und Expo, Berlin, 2013
[8] Dilzer, M.; Reitz, D.; Ruder, W.; Wagner, U.: Eine Idee, viele Anwendungen. Weiterentwicklung des Hybridmoduls von Schaeffler. 10. Schaeffler Kolloquium, Baden-Baden, 2014
[9] Eckenfels, Th.: 48-Volt-Hybridisierung: Eine intelligente Aufwertung des Antriebsstrangs. 11. Schaeffler Kolloquium, Baden-Baden, 2018
[10] Kimmig, K.-L.; Agner, I.: Doppelkupplung – Nass oder trocken, das ist hier die Frage. 8. Schaeffler Kolloquium, Baden-Baden, 2006
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Die Übertragung der Betätigungsenergie der Kupplung wird bei dieser Kupplung nicht mit Lagern, sondern mittels Drehdurchführungen realisiert. Die Druckübertragung durch die Gleitdichtringe ist leckagebehaftet und erzeugt zudem druckabhängig Reibungsverluste. Durch die direkte Betätigung der Reiblamellen mittels der Drucktöpfe ergeben sich andererseits kleine Betätigungswege. Die notwendige Rückstellkraft der Kupplungskolben wird mittels innen liegender Druckfederpakete realisiert [1].
Der hydrostatische Kupplungsaktor (Hydrostatic Clutch Actuator, HCA)
Der hydrostatische Kupplungsaktor (Hydrostatic Clutch Actuator, HCA) [2] setzt eine leckagefreie, hydrostatische Strecke ein, um die Betätigungsenergie zur Kupplung hin verlustarm zu übertragen. Damit ist er eine auf Effizienz optimierte Lösung.
Der elektromechanische Hebelaktor
Der Hebelaktor (HA) ist bereits in Verbindung mit trocken laufenden Doppelkupplungen millionenfach in Serie und muss für nasse Anwendung lediglich für den Betrieb in Öl angepasst werden. Um die Betätigungskräfte an der Kupplung zu realisieren, wird ein federunterstützter Hebel eingesetzt. Der Hebelaktor stellt damit eine in die Kupplungsglocke integrierte Lösung dar, die Vorteile bezüglich Effizienz und Kosten bietet.
Der elektromechanische Getriebeaktor mit „Active Interlock“
Auch der bewährte elektromechanische Getriebeaktor hat sich in den letzten Jahren bezüglich Kosten und Funktion weiterentwickelt und wird in großen Stückzahlen in Serie produziert. Der Getriebeaktor wird durch zwei Elektromotoren angetrieben: einer für die Wähl-, der zweite für die Schaltrichtung. Durch diese Trennung können theoretisch beliebig viele Schaltschienen betätigt werden. Eine Betätigung der Parksperre ist so einfach integrierbar. Durch das sogenannte Active Interlock wird mechanisch verhindert, dass in einem Teilgetriebe ungewollt zwei Gänge gleichzeitig eingelegt sind und kann somit auf zusätzliche Sensorik verzichten. Durch die Verwendung von Kunststoffteilen an vielen Stellen, stellt er ein kostengünstiges Konzept dar.
Für die technische Bewertung setzt Schaeffler nicht nur prüfstandsbasierte Verbrauchszyklen wie den NEFZ oder den WLTP ein, sondern hat seit Jahren auch einen eigenen realen Fahrzyklus in Anwendung, der auf die lokalen Gegebenheiten der weltweit unterschiedlichen Märkte eingeht [3], Bild 14. Dieser reale Fahrzyklus kann je nach Verkehrslage die Kriterien für eine RDE-Messung erfüllen, die von der EU veröffentlich wurden [4].
[1] Reik, W.; Friedmann, O.; Agner, I.; Werner, O.: Die Kupplung – das Herz des Doppelkupplungsgetriebes. VDI-Fachtagung, Friedrichshafen, 2004 (VDI-Berichte 1827)
[2] Müller, B.; Grethel, M.; Göckler, M.: Innovative Power on demand Konzepte zur Getriebeaktuierung. 11. Schaeffler Kolloquium, Baden-Baden, 2018
[3] Maier, G.; Wassmer, A.: Innovative Systementwicklung für automatisierte Antriebsstränge – Kupplungssysteme / Hybridsysteme. VDI-Fachtagung, Ettlingen, 2017
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